Liebe Leserinnen und Leser,
der Blick nach oben war schon vielen Anlass für große Gefühle, schöne Sätze oder kluge Aphorismen: Der Schlagersänger Hubert Kah spürte angesichts des Sternenhimmels seine Sehnsucht brennen, Johann Wolfgang Goethe war voller Bewunderung und Ehrfurcht über den »bestirnte[n] Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir«. Manche verzweifeln aber auch nur an der Unzählbarkeit der Himmelskörper, so wie der Geschäftsmann, dem der Kleine Prinz auf dem Vierten Planeten begegnet. Die Redaktion von 1001 Buch hat auch den Blick himmelwärts gerichtet, um sich inspirieren zu lassen. Das Ergebnis ist zwar deutlich weniger pathetisch und staatstragend, dafür aber wie immer der Bildung und Unterhaltung dienlich.
Der Weg durch das Heft beginnt naturgemäß auf der 1002. Seite, die von Linda Wolfsgruber stammt. Sie war prädestiniert für diese Aufgabe, hat sie doch eben eine Weihnachtsgeschichte mit dem Titel »Sternenbote« vorgelegt, für deren Text Reinhard Ehgartner verantwortlich ist, Geschäftsführer des Österreichischen Bibliothekswerks. Das Buch wird natürlich besprochen, zusätzlich habe ich Linda Wolfsgruber nicht nur über die Leuchtkraft ihrer Bilder ausgefragt, sondern auch über ihr Verhältnis zu Weihnachten – und zur ersten Mondlandung. Die sich ja heuer zum 50. Mal jährt. Statt zu applaudieren singe ich leise »Laterne, Laterne …«, das lässt sogleich mein »herz sternen.« Die Dichtung ist, das weiß Susan Kreller, seit ihren Anfängen »eine gut beleuchtete Abteilung der Literatur«. Unterschiedlich in Szene gesetzt, kommen und gehen Sonne, Mond und Sterne in der poetischen Kunst seit der Antike und bis zur Gegenwart munter auf und unter – und machen natürlich vor der Kinderlyrik nicht halt. Abendlieder etwa sind eine gute Möglichkeit, schon sehr kleine Kinder mit poetischer Weltdeutung bekanntzumachen. »Jetzt noch ein Gedicht, und dann aus das Licht!« heißt denn auch ein neuer Band mit entsprechenden Gedichten. Dass jedem Anfang ein Zauber innewohnt, hat Hermann Hesse in seinem Gedicht »Stufen« behauptet. Ela Wildberger hat den schönen Vers als Überschrift für einen Beitrag über zwei Bilderbücher gewählt, die von der Ankunft neuer Erdenbürger erzählen. Zumindest eines davon lässt diese Reise ganz weit draußen im Weltall starten.
Dorthin hebt auch Alexander Pommer auf seiner Zeitreise durch die Science Fiction ab. Er startet im ausgehenden 19. Jahrhundert und düst mit hoher Geschwindigkeit mit H. G. Wells, Hugo Gernsback, Isaac Asimov oder Arthur C. Clark durch die Weiten des Weltraums, ein kleines Stück auch auf der Enterprise, und mit Charlotte Kerner bis in die Gegenwart und zurück auf die Erde. Dabei ist er wohl auch einigen Außerirdischen begegnet, hat sich aber nicht weiter mit ihnen aufgehalten. Christina Pfeiffer-Ulm dagegen hat sie regelrecht gesucht, diese Wesen, von denen man nie weiß, ob sie freundlich sind, feindlich oder einfach nur fremd.
Auf dem Mond gibt es sie nicht wirklich, das ist Fakt – jedenfalls im Sachbuch, in der Fiction wird auch anderes behauptet. Peter Rinnerthaler hat solche und solche Weltraumbücher gelesen und ist dem Mond dabei ziemlich nah gekommen. Heidi Lexe dagegen hat gar nicht richtig abgehoben. Ihre Reise zum Mond hat hauptsächlich in einem Bahnhof in Paris stattgefunden, ihre Reisebegleiter waren ein kleiner Junge und ein Mann, der dem Filmpionier Georges Méliès täuschend ähnlich gesehen hat.
Zurück auf die Erde und ins Hilda-Universum: Simone Kremsberger hat alle bisher erschienenen Bände der Comic-Serie von Luke Pearson gelesen und ist begeistert von der Heldin, die zu jeder Tages- und Nachtzeit durch die Gegend stromert und dabei interessanten Gestalten begegnet. Die in der Dunkelheit klarerweise bedrohlicher wirken als in der Sonne. Das darzustellen fällt Bildern oft leichter als dem Text. Wie auf der Bildebene mit Licht umgegangen wird, zeigt Silke Rabus an Hand dreier Bilderbücher, in denen die Handlung vor Sonnenaufgang beginnt und im Mondlicht endet.
Sie sind wie Tag und Nacht, sagt man über Menschen, die ganz und gar verschieden sind. Thomas Mayerhofer hat Jugendromane gelesen, in denen derartige Figuren einander so nahe kommen, wie es nur möglich ist.
Der letzte Beitrag im Magazin ist einem leuchtenden Stern am gegenwärtigen kinder- und jugendliterarischen Firmament gewidmet: Ines Galling hat Frida Nilsson in München getroffen, wo die schwedische Autorin im Sommer mit dem James Krüss Preis für internationale Kinder- und Jugendliteratur ausgezeichnet wurde. Ihr neuestes Buch »Sasja und das Reich jenseits des Meeres« »rührt zu Tränen, lässt Gänsehaut aufsteigen und lädt zum Schmunzeln« ein, schreibt unsere Rezensentin Verena Zeilinger im Besprechungsteil. Wo jede Menge rührender, spannender und humorvoller Bücher aus dem laufenden Herbst auf Sie warten, nicht zuletzt eine Handvoll Weihnachtstitel. Mehr von diesen und weitere Beiträge und Medienlisten zum Thema sind wie immer in 1001 Buch digital+ zu finden. Loggen Sie sich ein.
Bleibt mir noch, Ihnen ein schönes Fest zu wünschen. Schmücken Sie den Weihnachtsbaum mit Sternen, wagen Sie zum Jahresende einen Blick in den Himmel, das kann ein gutes Gefühl machen – und vielleicht, nein, sicher fällt Ihnen dabei ein schöner Satz oder ein kluger Aphorismus ein.
Franz Lettner
Ich sehe dein Herz sternen
Susan Kreller über Sonne, Mond und Sterne in der Lyrik
Immer schon, seit ihren Anfängen, ist die Dichtung eine gut beleuchtete Abteilung der Literatur. Sonne, Mond und Sterne kommen – ob metaphorisch oder konkret, scheu oder in Szene gesetzt – in der Lyrik ausgesprochen häufig zum Einsatz. So zeigt zum Beispiel Raoul Schrotts Kompilation »Die Erfindung der Poesie. Gedichte aus den ersten viertausend Jahren«, dass schon viele Jahrhunderte vor Christus Gedichte von Monden, Sonnen und Sternen beschienen waren, im Werk der antiken griechischen Dichterin Sappho etwa, bei der es an einer Stelle heißt:
[…] wie der finger des mondes wenn er die sonne in den abend und die sterne aus der nacht streicht.
Schrott 2009, 123
Gut zwei Jahrtausende später, im Hochmittelalter, bedichtet zum Beispiel Walther von der Vogelweide die jeweilige Dame seiner Wahl gern mit Hilfe von Himmelskörpervergleichen, so auch im Gedicht »Die Liebste im Bade«:
Ihr Antlitz ist so wonnereich, Als obs mein Himmel wollte sein: Fürwahr, wem anders wär es gleich? Es strahlt in himmlisch-holdem Schein! Zwei Sterne glänzen dran voll Pracht, O könnt ich darin spiegeln mich; […]
Vogelweide 1907, 53
Der Mond, ins Zimmer glotzend.
Obwohl es auch nach dem Mittelalter in der Lyrik durchaus golden und silbern zugeht, leuchten die einschlägigen Himmelskörper Sonne, Mond und Sterne erst im späten 18. Jahrhundert und im 19. Jahrhundert so richtig auf. Vor allem der Mond hat es vielen Dichtern angetan, Matthias Claudius und Friedrich Gottlieb Klopstock zum Beispiel oder Ludwig Tieck und Clemens Brentano, um nur einige zu nennen. Johann Wolfgang von Goethe befindet sich zeit seines lyrischen Schaffens in einer regelrechten Mondphase und schreibt zum Beispiel gleich zwei Gedichte »An den Mond«, widmet eines »Dem aufgehenden Vollmonde«, hängt den Mond als atmosphärische Requisite in lyrische Texte wie »Willkommen und Abschied« oder schickt ihn als Heilsbringer in das Gedicht »Um Mitternacht« (vgl. Conrady 2003, 271 ff).
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Aktuelle Neuerscheinungen
Folgende Titel werden in dieser Ausgabe von 1001 Buch besprochen:
Agee, J.: Ist da jemand?
Angel, F. & Dürr, J. (Ill.): Disco!
Balen, K.: Mein Bruder und ich und das ganze Universum
Baltscheit, M. & Becker, A.: Der kleine Mann aus dem Eis
Barnett, M. & Klassen, J.: Dreieck/Quadrat/Kreis
Becker, A.: Die beste Bahn meines Lebens
Borando, S.: Pass auf!
Bräuning, L.: Annie und die Bärenjäger - in digital+
Brooks, K. & Forde, C.: I see you, Baby
Burger, J.: Roberta verliebt
Cousins, D.: Tod.Ernst
Drvenkar, Z.: Licht und Schatten
Ehgartner R. & L. Wolfsgruber (Ill.): Sternenbote
Ende, M. & Meschenmoser, S. (Ill.): Die unendliche Geschichte
Fabisinska, L. & Gwis, A. (Ill.): Pilze
Fletcher, G. & T.: Eve of Man
Funke, C. & Toro, G.d.: Das Labyrinth des Fauns
Goldberg Sloan, H. & Wolitzer, M.: An Nachteule von Sternhai
Hare, J.: Ausflug zum Mond
Hau, K. & Völk, J. (Ill.): Das Dunkle und das Helle
Heidelbach, N.: Alma und Oma im Museum
Jianghong, Ch.: Sohn des Himmels
Klein, H. & Osberghaus, M.: Alle behindert!
Kolibri. Kulturelle Vielfalt in Kinder- und Jugendbüchern
Könnecke, O.: Desperado
Konstantinov, V.: Es steht geschrieben
Kooij, R. v.: Herr Krähe muss zu seiner Frau
Langenhorst, G. & Krejtschi, T. (Ill.): Kinderbibel
LaCour, N.: Alles okay
Lerch, T.: Der Rüberbringer oder Ein irrer Trip zwischen Leben und Tod
Lexe, H.: & Wexberg, K. (Hrsg.): Timewarp und Taschenuhr
Lunde, M.: Über die Grenze
Luján, J. & Wolfsgruber, L. (Ill.): Der Garten der Formen
Nilsson, F. : Sasja und das Reich jenseits des Meeres
Novik, N.: Das kalte Reich des Silbers
Orghandl, F.: In den Wald
Orlovský, S.M. & Roher, M. (Ill.): Filomena Grau
Parr, M.: Manchmal kommt Glück in Gummistiefeln
Pauli, L. & . Schärer (Ill.): Am Sonntag
Pauli, L. & Schärer, K. (Ill.): Ein Passwort für die Pippilothek
Pettersen, S.: Die Rabenringe. Bd 2 & Bd. 3
Postert, P. & Rassmus, J. (Ill.): Wann sind wir endlich da?
Puchner, W.: Die phantastische Welt der Farben
Reider. K.: Cool in 10 Tagen
Remmerts de Vries, D. & Tormann, M. (Ill.): Mein Papa ist der größte Held der Welt
Römer, T. & Bischoff, L. (Ill.): Die Geschichte der Bibel und die Erfindung des Monotheismus
Schinko, B.: Zimteis mit Honig
Schrocke, K.: Immer kommt mir das Leben dazwischen
Soentgen, J.: Die Nebelspur
Thiele, J.: Konrads Traum
Walden, T.: West West Texas
Wilpert, B.: Nichts, was uns passiert
Wirlinger, H.: Der Vogelschorsch
Zipfel, D.: Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärte
Die Besprechungen können Sie in absehbarer Zeit auch in der Rezensionsdatenbank Rezensionen online open lesen