Liebe Leserinnen und Leser,
es ist eine undankbare Aufgabe, ein Vorlaut zu einer Lachnummer zu schreiben – schneller als man denkt, ist man selbst eine. Ich werde also nicht versuchen, witzig zu sein. Will und kann aber auch nicht das einlösen, was wir im Heft wissentlich und willentlich versäumt haben: eine Geschichte und Theorie der kinder- und jugendliterarischen Komik nachzuzeichnen oder vorzulegen. "Humor kann viviseziert werden wie ein Frosch, doch wie dieser stirbt auch jener während der Prozedur." (E. B. White) Nur die wenigsten lachen über einen toten Frosch. Sie aber sollen was zum Lachen haben – das war die Idee der Redaktion: Wir machen kein Heft über das Komische in der Kinder- und Jugendliteratur, sondern präsentieren Kinder- und Jugendbücher zum Lachen.
Humor ist eine Haltung, die nicht einfach zu beschreiben und schon gar nicht über einen Kamm zu scheren ist. Ich habe diesbezüglich eine Erinnerung: Bei einem Seminar stellte ich zum Einstieg ein paar Seiten eines Buchs vor, von dem ich meinte, es werde alle zum Lachen bringen – schließlich hatte ich bei der Lektüre sehr gelacht. Und wenn zu Beginn eines Seminars alle lachen, ist der Rest ein Kinderspiel, das weiß man. Für mich bestand dieses Kinderspiel in der Folge darin, den Teilnehmer*innen zu beweisen, dass ich nicht grundsätzlich ein schlechter Mensch bin, der an den falschen Stellen und dann noch über Kinder lacht, sondern nur mein Humor halt mit dem ihren nicht ganz kompatibel ist. Um nicht wieder in dieselbe Falle zu tappen, verzichte ich hier auf einen Hinweis auf dieses Buch. Und um die komische Trefferquote zu erhöhen, haben wir durchwegs seriöse Kolleg*innen, darunter Autor*innen und Illustrator*innen, die selber Komisches hervorbringen, gefragt: "Welche Geschichte macht dich lachen, glucksen, schmunzeln, kichern, grinsen, lächeln …?" Knapp 20 Antworten auf diese Frage (darunter ein komisches Gedicht!) sind auf den folgenden Seiten zu finden, weitere (Hör-)Bücher und Filme mit komischen Qualitäten sind in Listen zusammengefasst.
Dass das, worüber jemand lacht, auch etwas über den Lachenden aussagt, sollte allen klar sein. (Über das Buch aus meiner "Seminar-Erfahrung" lacht hier im Heft übrigens eine liebe Kollegin!) Dazu hätte ich noch viel mehr zu sagen, aber schon seit der Mitte des zweiten Absatzes sitzt mir Arne Rautenberg im Nacken mit einer seiner "Direktiven und Maximen", die er für die 1002. Seite geschrieben hat. Ich bin voll und ganz seiner Meinung, theoretisch …
Arne Rautenberg also, Schriftsteller und Künstler, ist im Heft mit einem weiteren Beitrag vertreten, mit der Laudatio auf Heinz Janisch, der im November 2020 mit dem Großen Preis der Akademie für Kinder- und Jugendliteratur in Volkach ausgezeichnet wurde. Heinz Janisch wollte, lese ich da, Indianer werden. Geworden ist er ein großer Dichter, der Kinder in unfreundlichen Zeiten mit den notwendigen freundlichen Büchern versorgt. Ich gratuliere herzlich. Auch jenen Autor*innen und Illustrator*innen, die mit dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2021 ausgezeichnet wurden: Franz Orghandl für "Der Katze ist es ganz egal", Elisabeth Steinkellner und Anna Gusela für "Papierklavier", Linda Wolfsgruber für "Die kleine Waldfibel" und – noch einmal – Heinz Janisch, diesmal im Doppelpack mit Michael Roher, der zu "Jaguar Zebra Nerz" die Illustrationen beigesteuert hat. Michael Roher ist darüberhinaus nicht nur in dieser Lachnummer mit einigen Motiven seiner Serie "Imagine being …" vertreten, sondern hat gerade den heuer zum ersten Mal verliehenen Christine-Nöstlinger-Preis für Kinder- und Jugendliteratur zuerkannt bekommen.
Neben viel Gelächter also auch viel Beifall in dieser Ausgabe von 1001 Buch. Dazu eine ganze Reihe Besprechungen von Frühjahrsnovitäten. Damit sollten Sie gut über den Sommer kommen. Im Herbst lacht es sich dann hoffentlich wieder leichter.
Franz Lettner
Auf samtenen Pfoten um die Welt
Arne Rautenberg lobt Heinz Janisch
"In Würdigung seines umfassenden und vielseitigen kinderliterarischen Schaffens" hat Heinz Janisch, "einer der wichtigsten österreichischen Lyriker der Gegenwart", wie es von Seiten der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur in Volkach heißt, deren Großen Preis 2020 erhalten. Zwar fand die Preisverleihung im November 2020 in Folge der Pandemie nur virtuell statt, eine Lobrede gab es natürlich trotzdem – und sie ist hier nachzulesen. Laudator ist der Künstler und Schrifsteller Arne Rautenberg, der für seine Lyrik ebenfalls schon mehrfach ausgezeichnet wurde, unter anderem mit dem Josef-Guggenmos-Preis 2016.
"Warum hast du so lange Haare?" In einem Interview erzählt Heinz Janisch, welche Fragen er im Klassenzimmer gestellt bekommt. "Manchmal", sagt Janisch, "antworte ich dann, dass ich als Kind Indianer werden wollte, und vielleicht will ich das ja noch immer."
Als ich diese schlagende Antwort las, kam mir mein Lieblingszitat des Dichters Stefan George in den Sinn. "Nietzsche kannte die Philosophen, aber ich kenne die Indianer." Herz sticht Kopf, könnte man sagen. Es ist die Neugier aufs ganz Andere, die Idee des Abenteuers, des Unvorhergesehenen, dem man mit List, Tücke und ausreichend Know-how Herr und Frau werden kann. Völlig klar, dass man sich in Buchwelten diesen Abenteuern auf besondere Weise hingeben kann. "Bücher waren immer wie Wundertüten. Ich wollte wissen, was drin ist", sagt Heinz Janisch und wir wissen alle, was er damit meint. Der Dichter Janisch bringt das idealtypische Leseerlebnis in einem seiner Gedichte zauberhaft auf den Punkt: "Man hat nichts gesucht – und alles gefunden." (Wo kann ich das Glück suchen?) Gedichte eignen sich einfach besonders, diese andere Welt, die Welt der umgedrehten Dinge, sinnfällig durchzuspielen.
Die ganze Laudatio lesen Sie in 1001 Buch 2|21.
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Aktuelle Neuerscheinungen
Folgende Titel werden in dieser Ausgabe von 1001 Buch besprochen:
AdBåge: Die rote Burg S. 41
Alaei: Zwischen uns tausend Bilder S. 58
Alaska: Zicken-Zeit S. 54
Anderson: Das Mädchen und der flüsternde Wald S. 61
Angel & Brittnacher (Ill.): Heul doch S. 71
ATAK: Piraten im Garten S. 60
Baur & Stenzel (Ill.): WAS IST WAS Naturwissenschaften easy – die Viren und wir S. 68
Benner u.a. (Hg.): Schauplatz der Künste - Bild und Text im Kinderbuch S. 72
Bernardy & Dierolf (Ill.): Ich glaube, es hackt! S. 70
Böge & Mölk-Tassel (lll.): Wir Menschen S. 62
Boie: Dunkelnacht S. 62
Bozak: Der Junge S. 59
Braun: Die Welt der Meere S. 67
Brensing & Linke & Renger (Ill.): Die spannende Welt der Viren und Bakterien S. 68
Burger: Ringo, ich und ein komplett ahnungsloser Sommer S. 47
Cadène & Adam: Soon S. 65
Damm: Die Wette S. 46
Daugey & Charpetier (Ill.): Freiheit! S. 70
Dolejš: Im Land der weißen Schokolade S. 55
Grossmann-Hensel: Ich hab da so ein Gefühl S. 66
Gruber: Ein Haus auf Rädern S. 45
Gugger & Röthlisberger (Ill.): Der Berg S. 43
Gulden: Fair Play S. 59
Hare: Tief im Ozean S. 48
Hartl & Zels (lll.): Fauststarker Herzschlag S. 56
Hein & Büchner: Jetzt aber dalli! S. 46
Jägerfeld: Mein geniales Leben S. 50
Jeffers: Was wir bauen S. 44
Kerr: 1984.4 S. 38
Klever: Tier hier S. 39
Kim: Sommer S. 49
Kroon: Warten auf Wind S. 50
L’Arronge: Das geheime Tagebuch eines miesen Virus S. 68
Mattiangeli & Vessela: Ein Markttag S. 40
Minelli: Chaos im Kop S. 57
Morosinotto: Der Ruf des Schamanen S. 56
Müller & Pêche (Ill.): Wie krank ist DAS denn?! S. 69
Navarro & Abad Blay (Ill.): Mein Tutu S. 40
Penazzi: In unserem Garten S.48
Pennypacker: Hier im echten Leben S. 54
Poferl: Radieschenmaus und Kuschelgurke S. 67
Polle S. 64
Ranst & Bouckaer & Doninck (Ill.): Monster-Mikroben: Alles über nützliche Bakterien und fiese Viren S. 68
Reinhardt: Perfect Storm S. 61
Reynolds: Asphalthelden S. 55
Rieder: Hunde im Futur S. 71
Romanyschyn & Lessiw: Sehen S. 66
Roskifte: Alle zählen S. 39
Rufener: Der Wal im Garten S. 52
Schädlich & Haines (Ill.): Winziges Leben S. 68
Schubiger & Muggenthaler: Mein Bruder und ich und die Katze im Wald S. 42
Schutten & Rieder (Ill.): Das Weltall S. 71
Soderguit: Die Wasserschweine im Hühnerhof S. 43
Solotareff: Vladimir S. 60
Stanišić & Spitzer (Ill.): Hey, hey, hey, TAXI! S. 41
Stephan: Nur vom Weltraum aus S. 51
van der Wel: Seesucht S. 45
Vermeij & Spee (Ill.): Wir bauen eine Hütte! S. 44
Thomas: Concrete Rose S. 58
Wagenbreth: Rückwärtsland S. 63
Walden: Auf einem Sonnenstrahl S. 64
Wells: Hard Land S. 51
Wildner: Der Himmel über dem Platz S. 57
Wolk: Echo Mountain S. 63
Woltz & Kehn (Ill.): Heute kommt Jule S. 42
Zeh: Socke und Sophie S. 47
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